Kneten und Matschen

Heute wird geknetet und gematscht

 

Eine Einladung zur Bildung einmal anders

 

„Auf geht’s“ sagt Tagesmutter Cerstin Tamms zu ihren Tagespflegekindern Philipp, 2 Jahre, Ruben Maximillian, Nico und ihrer Tochter Lotta, alle 16 Monate. Für heute ist ein Ausflug in das Ev. Bildungswerk in Bad Segeberg geplant. Gemeinsam mit Ute Prange vom Servicebüro Tagespflege hat sie verschiedene Angebote rund ums Kneten und Matschen vorbereitet.

 

Selbstgemachte Knete und Speisestärkekleister stehen für die fünf Kinder bereit. Was werden die Fünf machen? Sind sie nicht eigentlich noch viel zu klein? Wir sind mit drei Erwachsenen dabei und erleben in den nächsten eineinhalb Stunden fasziniert, wie Kinder sich die Welt aneignen, jeder in seinem Rhythmus und seinem Interesse folgend.

 

 

Nach einer kurzen Erkundungsrunde durch den Raum geht Ruben an den Tisch und nimmt sich die Knete vor. Er zupft, drückt, reißt etwas ab und verändert die Form der kühlen Knete immer wieder. Hochkonzentriert erarbeitet er sich das Neue. Immer wieder sucht er den Blickkontakt zu seiner Tagesmutter, um sich zu versichern, dass alles in Ordnung ist.

 

 

Lotta ist vom Speisestärkekleister fasziniert. Sie probiert, wie es schmeckt: „ Uhh, ganz anders als alles Bekannte. Sie erlebt, wie die Stärke sich verändert, mal ist sie fest mal wird sie flüssig. Alles kann sie selbst mit ihren Fingern machen. Wie funktioniert das nur? Sie versucht zu verstehen, probiert neue Varianten. Man kann ihre die Freude über das Neue ansehen.

 

 

Maximillian klettert erst einmal unter den Tisch. Dort lagern die Zutaten fürs Kneten. Er ist zurzeit ganz mit dem Laufen lernen beschäftigt. Mit viel Kraft zieht er sich am Tisch hoch und beginnt mit den Quirlen zu rühren. Knete und Kleister lassen sich nicht verrühren. Immer wieder nimmt er weitere Werkzeuge. Er nimmt sich seine Pausen, ruht sich am Boden aus  und findet seinen eigenen Rhythmus.

 

Philipp entdeckt am Ende den Wischlappen. Wenn man ihn ausdrückt, kommt Wasser heraus, wie geht es nur? Er strahlt übers ganze Gesicht. Doch plötzlich ist es vorbei. Enttäuscht will er ihn weg legen. Seine Tagesmutter hat es beobachtet und zeigt ihm, dass er es wiederholen kann. Gemeinsam tauchen sie den Lappen ins Wasser und es geht wieder los. Minutenlang macht Philipp weiter.

 

 

Nico ist überall dabei, er schaut, was die anderen machen und beteiligt sich an deren Spiel. Er nimmt die Anregungen der Anderen auf, überlegt, wie er das in sein Spielen einbauen kann. Der Pinsel macht ja Muster in den Kleister. Er nimmt den Löffel in die Hand und hier sieht alles ganz anders aus, wie kommt das? Im Spiel überprüft er immer wieder, was passiert, wenn er sein Werkzeug verändert.

 

Wir Erwachsenen stehen staunend dabei. Die Tagesmutter Cerstin Tamms ist in der Zeit gefordert. Alle Kinder wünschen sich immer wieder ihre Aufmerksamkeit, brauchen ihre Bestätigung, wenn etwas Neues und Unerwartetes kommt. Oft reicht schon ein kurzer Blick oder eine Antwort auf einen Laut, um sicher fühlen und weiterzumachen.

 

Brauchen Kinder unter drei Jahren Bildung, wie viel und wie kann sie gelingen, ist ein Thema im Grundqualifikationskurs für Kindertagespflegepersonen. Es stellt sich immer wieder die Frage, wie kann das Thema vermittelt und die Aufgabe der Tagesmütter verdeutlicht werden. An diesem Vormittag war deutlich zu sehen, wie frühkindliche Bildung gelingen kann und wie einfach sie „zu machen“ ist. Anhand der neuesten Erkenntnisse der Hirnforschung werden Kinder heute mehr und mehr als aktive Eroberer ihrer Welt beschrieben. Entscheidend ist immer die gute Bindung an einen Erwachsenen, der  das Gefühl von Sicherheit in Welt anbieten kann. Und dann reichen Zeit, Raum und eine kleine Idee und schon entsteht Bildung.  Wichtig ist, dass wir den Kindern in ihren Ideen folgen, sie geben das Tempo und den Rhythmus der Entdeckungen an. Wiederholungen sind für das Verstehen wichtig. Diese fünf Kinder haben an diesem Vormittag vermutlich eine Vielfalt von physikalischen Gesetzen erlebt, überprüft und sie in ihr Verstehen von der Welt eingebaut. Keiner von ihnen kann dies mit Worten erklären und doch haben sie es verstanden. Besser kann der Bildungsbereich Naturwissenschaften nicht ausgefüllt werden.  

 

Probieren Sie es doch auch einmal mit ihren Kindern aus. Lassen sie sich überraschen, was bei Ihnen passiert. Übrigens auch ältere Kinder genießen das Spielen mit Knete und Matsch. Es kann entspannend sein, sich auf etwas einzulassen, zu spüren, regt viele Sinne an.

 

 

Wir haben an diesem Vormittag selbst gemachte Knete verwendet. Ältere Kinder können schon in das Kochen der Knete einbezogen werden.